Oft nur klimagünstiger, fast nie klimaneutral:
Synthetisch hergestellte statt fossile Kraftstoffe: "SynFuel"
auch: "PtX" ("Power-to-Fuel")
auch: "Fischer-Tropsch-Synthese"
Zuletzt bearbeitet 14.09.2021 Theoretisch ist alles ganz einfach: Man nehme Wasserstoff und Kohlendioxid und produziert dann Syn-Gas, Syn-Kerosin (Flugbenzin) oder andere flüssige Treibstoffe, je nach detaillierter Reaktionsführung:
Gesamtreaktion:136 g Wasserstoff (68 H2) + 968 g Kohlendioxid (22 CO2) → 312 g Kerosin (2 C11H24) + 792 g Wasser (44 H2O)
Die chemischen Prozessschritte sind gut bekannt. Also nix wie ran und so das Klima schützen und gleichzeitig unabhängig werden von fossilen Brennstoffen! - Ach, wenn es denn so einfach wäre!!
Tatsächlich handelt es sich beim Herstellprozess um eine Vielzahl von einzelnen Reaktionsschritten, die durchlaufen werden müssen, bevor aus den einfachen Rohstoffen der synthetische Kraftstoff entsteht. Und entscheidend ist die Verfügbarkeit von klimagünstig produziertem Wasserstoff (→ vorhergehender Abschnitt). Die gesamte Realtionsfolge ist als Fischer-Tropsch-Synthese bekannt. Die übergeordneten Schritte sind:
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Herstellung von Wasserstoff (siehe auch anderes Kapitel auf dieser Seite)
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Herstellung von Methanol
Durch Reaktion von Wasserstoff mit Kohlendioxid lässt sich synthetisch Methanol produzieren. Aber woher kommt das Kohlendioxid? Da gibt es mehrere Möglichkeiten:
(1) Extrahiert aus der Luft (Luftzerlegung) --> benötigt etrem große Strommengen bzw. - auf Hochdeutsch - viel größere Strommengen als auf absehbare Zeit als EEG-Strom zur Verfügung stehen wird. Dies ist - zumindest vorläufig - der Todesstoß für den großflächigen Einsatz dieser CO2-Produktionstechnologie!
(2) CO2-Extraktion aus den Abgasen der bewussten Verbrennung von Biomasse. Das so hergestellte CO2 ist klimaneutral, weil es vorher von Pflanzen der Atmosphäre entnommen wurde.
(3) Vom Kohlendioxid, welches in den Zementfabriken aufwändig vom Rauchgas eingefangen wird, und eigentlich für CSS vorgesehen war. --> billig!
(4) Durch Verbrennung eines (sehr kleinen Teils des) Kohlenstoffs, welcher bei der Wasserstoffherstellung durch Methan-Pyrolyse erzeugt wird. --> Sehr sinnvolle Verwendung des "Abfallprodukts" der Methan-Pyrolyse.
(5) Durch Verbrennung von Kohle. --> Klar geht das. Aber wollen wir das? Soll auf diese Weise die Kohlenindustrie in China und Australien gefördert werden? Das kann kaum eine ernste Option darstellen.
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Herstellung des längerkettigen Alkens (=halb-flüssige ölige Flüssigkeit mit einer Doppelbindung)
Ausgehend von Methanol ist es möglich über mehrere Zwischenprodukte zu einem längerkettigen Alken zu kommen:
Methanol → DME = Dimethylether → Ethen = Ethylen → längerkettiges Alken
Dieses längerkettige Alken ist von sich aus zwar auch schon gut brennbar und damit theoretisch als Brennstoff geeignet, aber es neigt dazu, bei Lagerung zu Verharzen. Und die gebildeten Harze verkleben dann die Treibstoffleitungen, Treibstoffpumpen und sämtliche Ventile. Daher ist noch ein letzter Arbeitsschritt notwendig.
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Herstellung des längerkettingen Alkans (=Kerosin)
Durch Behandlung des längerkettingen Alkens der Vorstufe mit zusätzlichem Wasserstoff entsteht ein längerkettiges Alkan, welches dann nicht mehr verharzen kann und somit als Kraftstoff in verschiedensten Motoren und Heizungen verwendet werden kann.
Verfahrensvergleich Herstellung von 1000 g Syn-Kerosin | Rohstoff- und Energieeinsatz Erdgas(Methan)//Strom | Bewertung CO2-Äquivalente
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Power-to-Kerosin: Wasserstoffherstellung mittels Wasser- Elektrolyse und CO2, welches aus dem CCS- Prozess ausgeschleust wurde | (ohne) // 22 kWh | BEWERTUNG: -- Bei der Nutzung des hergestellten Treibstoffes - also beim Endkunden - entsteht 3100 g CO2, also die Menge, welche vorher aus dem CCS-Prozess ausgeschleust wurde. +++++++ Im Produktionsprozess des Syn-Kerosins entstehen indirekt CO2-Emission über den Stromverbrauch, sofern es sich nicht um 100% EEG-Strom handelt.
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Power-to-Kerosin: Wasserstoffherstellung mittels Hochtemperatur-Wasser-Elektrolyse (Annahme: Gasheizung) und CO2, welches aus dem CCS- Prozess ausgeschleust wurde | 55 g // 13 kWh | BEWERTUNG: ---- Bei der Nutzung des hergestellten Treibstoffes - also beim Endkunden - entsteht 3100 g CO2, also die Menge, welche vorher aus dem CCS-Prozess ausgeschleust wurde. ++++++++ Im Produktionsprozess des Syn-Kerosins entstehen weitere 150 g CO2-Emission über die (angenommene) Gasheizung. Kein weiteres CO2 aus Strom, wenn EEG-Strom eingesetzt wird.
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Power-to-Kerosin: Wasserstoffherstellung mittels Hochtemperatur-Wasser-Elektrolyse (Annahme: Gasheizung) und CO2, welches aus der Verbrennung von Biomasse stammt. | 55 g // 13 kWh | BEWERTUNG: +- Bei der Nutzung des hergestellten Treibstoffes - also beim Endkunden - entsteht zwar CO2, aber dies gilt als klimaneutral (!!), weil ursprünglich aus Biomasse stammend! ++++++++ Im Produktionsprozess des Syn-Kerosins entstehen weitere 150 g CO2-Emission über die (angenommene) Gasheizung. Kein weiteres CO2 aus Strom, wenn EEG-Strom eingesetzt wird.
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Syn-Kerosin: Wasserstoffherstellung mittels H2-ge- heizter Gas-Pyrolyse und CO2 aus der Verbrennung eines Teils des Kohlenstoffs, der in der Methan-Pyrolyse gebildet wird. | 1900 g // (ohne Strom) | BEWERTUNG: -- Bei der Nutzung des hergestellten Treibstoffes - also beim Endkunden - entsteht 3100 g CO2. ++++++++
Der im Prozess entstehende Kohlenstoff (Graphit) wird klimaneutral in Deponien/Gruben entsorgt.
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Syn-Kerosin: Wasserstoffherstellung mittels H2-ge- heizter Gas-Pyrolyse und CO2, welches aus der Verbrennung von Biomasse stammt. | 1900 g // (ohne Strom) | BEWERTUNG: +++ Bei der Nutzung des hergestellten Treibstoffes - also beim Endkunden - entsteht zwar CO2, aber dies gilt als klimaneutral (!!), weil ursprünglich aus Biomasse stammend! ++++++++
Der im Prozess entstehende Kohlenstoff (Graphit) wird klimaneutral in Deponien/Gruben entsorgt.
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zum Vergleich: Erdöl-Kerosin | (ohne) // (ohne Strom) | BEWERTUNG: ------ Bei der Nutzung des hergestellten Treibstoffes - also beim Endkunden - entsteht 3100 g CO2. ++++++++ Im Produktionsprozess des Kerosins in der Raffinerie sowie durch die vorgängige Förderung und des Transports des Erdöls entstehen - grob geschätzt - weitere 1000 g CO2-Emission.
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ERKENNTNIS: Die meisten Wege, synthetische Brennstoffe herzustellen, die heute übliche Brennstoffe in bereits vorhandenen Motoren oder Heizungsbrennkammern ersetzen können. sind bestenfalls klimagünstiger als die Brennstoffe aus Erdöl, aber nicht klimaneutral!
AUSNAHME: Der Einsatz von CO2 aus Biomasse-Verbrennung ist der einzige Weg, Syn-Fuels klimagünstig zu produzieren. Es stellt für die Forst- und Landwirtschaft eine Herausforderung dar, die dafür notwendigen Mengen an CO2-Gas produzieren zu können!
Ammoniak als CO2-freier Treibstoff der Zukunft, insbesondere geeignet für schwere Maschinen
Zuletzt bearbeitet 14.09.2021
Grundsätzlich ist die Verbrennungsreaktion von Ammoniak sehr simpel, denn Ammoniak kann mit Sauerstoff reagieren und bildet unter Energiefreisetzung nur harmlosen Stickstoff (zu 78% in Atmosphäre vorhanden) sowie Wasser:
Verbrennungsreaktion
72 g Ammoniak (4 NH3) + 96 g Sauerstoff (3 O2) → 60 g Stickstoff (2 N2) + 108 g Wasser (6 H2O)
Das Problem ist der relativ geringe Heizwert von Ammoniak von nur 5.2 kWh pro kg (verglichen mit 12 kWh pro Kg Kerosin oder 33 kWh pro kg Wasserstoff). Das ist auch unmittelbar sichtbar.
An der Luft lässt sich Ammoniak zwar entzünden, aber eine kontinuierliche Verbrennung findet nicht statt, sondern die Flamme erlischt wieder. Entsprechend ist es auch unmöglich, heute vorhandene Heizungen und Motoren mit Ammoniak zu betreiben (abgesehen von anderen Problemen wie Korrosion usw.). Es gibt aber seit langer Zeit spezielle Motoren und auch Brennstoffzellen, die mit Ammoniak betrieben werden können, d.h. die grundlegende Technologie ist bekannt und wird derzeit nur noch optimiert. Ebenfalls bekannt und technisch kontrollierbar sind typische Probleme von Verbrennungsmotoren, wie z. B. die Bildung von NOx-Gasen (kann mit 3-Wege-Kat gelöst werden). Der breiteren Einsatz von Ammoniak als Brennstoff ist also kurzfristig prinzipiell möglich.
Wiederum auf Grund des relativ geringen Heizwerts im Verhältnis zum Gewicht erscheinen stationäre Anwendungen sowie Anwendungen in schweren mobilen Maschinen, wo Gewicht nur eine untergeordnete Rolle spielt, als potentiell besonders attraktiv. Folgerichtig gibt es erste praktische Versuche in Kraftwerken (Gasturbinen), Schiffsmotoren sowie Motoren für Lokomotiven.
Neben dem Nachteil des geringen Heizwertes sowie der Toxizität von hochkonzentriertem Ammoniak, hat Ammoniak als Brennstoff auch eine Reihe von Vorteile, insbesondere im Vergleich mit Wasserstoff:
(1) Die Lagerung ist relativ einfach, ähnlich wie bei einem LPG-Gastank im Auto.
(2) Die flüssige Handelsform (bei 50 bar Druck und 50 Grad C noch flüssig!) ermöglicht ein schnelles Auftanken (ähnlich wie LPG). Der Überdruck ist zwar deutlich höher als bei LPG (5-15 bar) oder Propan-Campaigngas (8 bar) aber deutlich niedriger als bei Wasserstoff (700 bar).
(3) Das Produktionsverfahren ist extrem gut bekannt (Haber-Bosch-Verfahren), da Ammoniak ein Schlüsselprodukt für die Herstellung von Düngern darstellt. Die Produktion wird im großtechnischen Maßstab durchgeführt. Der Stickstoff wird direkt aus der Luft gewonnen; für den Wasserstoff sind auf dieser Seite verschiedene Verfahren beschrieben.
Herstellreaktion
30 g Stickstoff (N2) + 6 g Wasserstoff (3 H2) → 36 g Ammoniak (2 NH3)
(4) Unerwartet vorteilhaft ist auch der sehr unangenehme, stechend Geruch von Ammoniak. Dadurch werden bereits kleine Lecks in Tanks, Motoren und Heizungen sehr frühzeitig entdeckt und können rechtzeitig beseitigt werden, bevor es zu gesundheitlichen Problemen bei Menschen kommt.